Baum vom Nachbarn zurückschneiden: Vorsicht, das kann teuer werden!

Baum vom Nachbarn zurückschneiden: Vorsicht, das kann teuer werden!

Vorsicht beim Zurückschneiden von Bäumen des Nachbarn an der Grundstücksgrenze: Wer es damit übertreibt, kann je nach konkreter Sachlage mit sehr hohen Schadensersatzansprüchen konfrontiert werden. Das gilt umso mehr, wenn der Nachbar zwar gefragt wurde, aber nur mündlich zugestimmt hat und der Umfang der Zustimmung dann später bestritten wird.

Vorsicht beim Zurückschneiden von Bäumen des Nachbarn an der Grundstücksgrenze: Wer es damit übertreibt, kann je nach konkreter Sachlage mit sehr hohen Schadensersatzansprüchen konfrontiert werden. Das gilt umso mehr, wenn der Nachbar zwar gefragt wurde, aber nur mündlich zugestimmt hat und der Umfang der Zustimmung dann später bestritten wird.

Frankfurt/Main. Wer grenznahe Bäume des Nachbarn stark zurückschneidet, muss unter Umständen hohen Schadensersatz leisten. Oft, aber nicht zwangsläufig immer ist der Schaden durch das Anpflanzen eines neuen, jungen Bäumchens wieder gut zu machen. Je nach Funktion, die der geschädigte Baum für das Grundstück hatte, kann auch die teure Verpflanzung eines ausgewachsenen Baumes anstehen. So hat es zumindest das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschieden (Urteil vom 06.02.2024, AZ.: 9 U 35/23).

Der konkrete Nachbarschaftsstreit hat sich in Hessen zugetragen. Die Eigentümerin eines großen Grundstücks hat ihre Gartenanlage aufwendig gestaltet und gepflegt, dazu gehört auch ein rund 70 Jahre alter Baumbestand. Das Grundstück grenzt hinten direkt an das Nachbargrundstück an. Dort stehen in 1,60 Meter Abstand zur Grundstücksgrenze eine alte Birke sowie in 3,35 Abstand von der Grenze ein alter Kirschbaum.

Bäume der Nachbarin verstümmelt

Die Bäume waren schon lange dort, als der Nachbar sein Grundstück erwarb. Im Jahr 2020 rief der Mann bei seiner Nachbarin an und bat darum, die beiden Bäume beschneiden zu dürfen. Die Dame erlaubte dem Nachbarn, der keine spezielle Fachkenntnis auf dem Gebiet der Baumpflege hat, die auf sein Grundstück herüberragenden Äste zurück zu schneiden. Ob es eine weitergehende Einverständniserklärung gab, ist umstritten.

Der Nachbar nahm darauf einen massiven Rückschnitt vor, wozu er auch das Nachbargrundstück betrat. Er kürzte den Kirschbaum – trotz der kurz bevorstehenden Ernte – komplett ein. Die Birke verstümmelte er so vollständig, das ihr kein einziges Blatt verblieb. Ob die Bäume die Aktion überleben werden, ist zunächst unklar. Die Grundeigentümerin verklagte den Nachbarn daraufhin auf Schadensersatz in Höhe von 35.000 Euro.

Wie hoch ist der Schadensersatz für einen zerstörten Baum?

Aber wie ist der Schaden hier tatsächlich zu beziffern? Das Landgericht in Frankfurt am Main gestand der Eigentümerin nur 4.000 Euro Schadensersatz zu. Dagegen ging die Klägerin in Berufung. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt sah die Sache tatsächlich anders. Es hob das Urteil auf und verwies den Fall zur eingehenderen Prüfung an das Landgericht zurück. Das hatte es sich bei seiner ersten Entscheidung zu leicht gemacht, befand die höhere Instanz.

Zwar ist nach gefestigter Rechtsprechung Schadensersatz für einen zerstörten Baum in der Regel nicht als sogenannte Naturalrestitution zu leisten, wie das OLG feststellte. Eine solche Beschaffung von gleichwertigem Ersatz würde ja das Verpflanzen eines ausgewachsenen Baumes erfordern. Das wird in der Regel als unverhältnismäßig teuer betrachtet, so dass man für den Schadensersatz auf die Kosten für das Pflanzen eines neuen, jungen Baumes und einen Ausgleich für die Wertminderung am Grundstück abstellt.

Naturalrestitution nicht ganz ausgeschlossen

Einen Automatismus für dieses Vorgehen sieht das OLG aber nicht: In bestimmten Fällen könnte ausnahmsweise auch Schadensersatz in Höhe der vollen Wiederbeschaffungskosten zu zahlen sein. Das könnte etwa dann angebracht sein, „wenn Art, Standort und Funktion des Baumes für einen wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen den Ersatz durch einen gleichartigen Baum wenigstens nahelegen würden.“

Das Landgericht muss jetzt also den Fall näher prüfen und feststellen, welche Rolle die fraglichen Bäume für das Grundstück spielten. Die Eigentümerin hatte vor Gericht gesagt, sie wollte mit ihrer sehr aufwändigen, naturnahen Gartengestaltung einen Lebensraum für Vögel und andere Tiere schaffen. Auch einen Beitrag zur Umwandlung von CO2 in Sauerstoff sollte der Garten leisten. Diese beabsichtigten Funktionen des Gartens müssen nach Ansicht des Oberlandesgerichts in der Entscheidung berücksichtigt werden.

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Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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