Mit den begrenzt vorhandenen Fördermitteln das Maximum an CO2-Einsparung erreichen: Darin liegt die große Herausforderung bei der Wärmewende im Gebäudebestand. Eine komplexe Studie hat sich jetzt mit diesem Thema auseinandergesetzt und interessante Ergebnisse zu Tage gefördert – auch, was das Heizverhalten von Mietern angeht.
Berlin. Das Europäische Parlament hat im vergangenen Jahr beschlossen, den Zertifikatehandel auf Treibhausgasemissionen des Verkehr- und Gebäudesektors auszuweiten. Dieser soll den Transformationsprozess zur Treibhausgasneutralität mit den volkswirtschaftlich geringsten Kosten ermöglichen. Eine im Rahmen des FEIRE-Forschungsprojekts entstandene Studie analysiert die gesellschaftlichen Kosten von CO2-Emissionen, die durch das Heizen deutscher Wohngebäude verursacht werden. Diese Studie bietet eine Typologie des Gebäudebestands basierend auf seinen durch Heizen entstandenen Emissionen. Dabei werden sowohl traditionelle statistische Methoden als auch Künstliche Intelligenz eingesetzt, um die Emissionen und die daraus resultierenden Kosten auf Haushalts- und Gebäudeebene zu bewerten.
Die Studie prognostiziert, dass die gesamten CO2-Kosten von 2023 bis 2045 bei einem unveränderten Emissionsausstoß etwa 580 Millionen Euro betragen werden. Das entspricht durchschnittlich 148 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche je Haushalt. Energetische Maßnahmen werden als wirtschaftlich betrachtet, wenn sie diese Kosten nicht überschreiten. Weiterhin werden die Gebäude und Haushalte nach Merkmalen wie Gebäudetyp, Baualter, Heizsystem sowie soziodemografischen Aspekten der Bewohner typologisiert.
Die Analyse zeigt, dass insbesondere freistehende Einfamilienhäuser, die mit Öl oder Gas beheizt werden, hohe Emissionen aufweisen. Zudem fällt auf, dass Mieterhaushalte einen durchschnittlich höheren Emissionsausstoß vorweisen. Dies liegt unter anderem an der unterschiedlichen energetischen Beschaffenheit der Gebäude. Die Untersuchung zeigt aber auch, dass der Verbrauch seitens der Mieter selbst in Immobilien, die seit 2001 gebaut wurden und in der Regel einen hohen energetischen Standard aufweisen, höher ist als bei vergleichbaren Eigentümerhaushalten.
Kapitalisierte Kosten der Nichtsanierung
Dieses Ergebnis deutet klar auf unterschiedliche Heizverhalten zwischen Mietern und Selbstnutzern hin. Eine Tatsache, die gegen eine stufenweise Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Mietern und Vermietern spricht, da Vermieter keinen Einfluss auf das Heizverhalten der Mieter haben. Die Autoren führen in der Studie den Begriff der kapitalisierten Kosten des Nicht-Sanierens ein. Als kapitalisierte CO2-Kosten wird das Kapital bezeichnet, das erforderlich wäre, um bei einer Rendite von 3 Prozent Zahlungen zu generieren, die den jährlichen CO2-Kosten der heizbedingten Emissionen deutscher Wohngebäude bis 2045 entsprechen.
Die Untersuchung der kapitalisierten Kosten, also des Barwerts der vermiedenen CO2-Kosten bis 2045, verdeutlicht, dass energetische Sanierungen in einigen Fällen ökonomisch durchaus sinnvoll sind. Diese kapitalisierten Kosten variieren regional und sind in Gebieten mit einem hohen Fernwärmeanteil, wie in Ostdeutschland, tendenziell geringer. Für Vermieter ergibt sich die Herausforderung, dass potenzielle Investitionen in energetische Maßnahmen im Verhältnis zu den Mieteinnahmen finanzierbar bleiben müssen.
Strategische Allokation von Fördermitteln und Identifikation effizienter Investitionsregionen
Wenn die tatsächlichen Investitionskosten die kapitalisierten CO2-Kosten übersteigen, sind sie gesellschaftlich nicht effizient und es empfiehlt sich, Emissionsreduktionen außerhalb des Gebäudesektors zu suchen. Darüber hinaus bietet die Studie aufschlussreiche Einblicke in die effizienteste Verteilung der Fördermittel. Sie identifiziert Regionen in Deutschland, die aufgrund der Analyse besonders förderfähig sind, um die in der Regel knappen Fördermittel möglichst effizient einzusetzen.
Regionen in Teilen von Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind auf Basis dieses Indikators besonders förderfähig. Schließlich ist es wichtig hervorzuheben, dass nicht alle Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen ökonomisch sinnvoll sind. In Fällen, in denen es nicht möglich ist, kostengünstige Investitionen mit großen CO2-Einspareffekten durchzuführen, sollte das Kapital vorzugsweise in anderen Wirtschaftsbereichen investiert werden, die effizientere CO2-Einsparungen ermöglichen. Die gesamte Studie können Sie hier abrufen.
Kommentar von Jakob Grimm, Referent für Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik beim Zentralverband Haus & Grund Deutschland: „Diese Analyse bietet eine wichtige Grundlage für zukünftige politische Entscheidungen über Investitionen im Bereich der Wohngebäudesanierung und trägt wesentlich zur Diskussion über die effizienteste Nutzung von Ressourcen im Kampf gegen den Klimawandel bei. Vor allem bei begrenzten Fördermitteln ist es essenziell, diese so einzusetzen, dass der maximale gesellschaftliche Nutzen erreicht wird.“
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